Prinzip Scientia

Scientia, die Leidenschaft zur Wissenschaft

Die begriffliche Definition von „scientia“ reicht in das Lateinische zurück und heißt „Wissen“, entspricht dem englischen „science“ und dem deutschen Begriff „Wissenschaft“. Das deutschsprachige Brockhaus Lexikoni definiert Wissenschaft wie folgt: „W. ist der Inbegriff des durch Forschung, Lehre und überlieferter Literatur gebildeten, geordnete und begründete, für gesichert erachteten Wissen einer Zeit; […]. Hauptziel der Wissenschaft ist die rationale, nachvollziehbare Erkenntnis der Zusammenhänge, Abläufe, Ursachen und Gesetzmäßigkeiten der natürlichen wie der historischen und kulturell geschaffenen Wirklichkeit; neben der Erweiterung des Wissens über die Welt liefern vor allem Naturwissenschaft und Technik die Mittel zu vorausschauender Planung und gezielter Veränderung der Wirklichkeit. Als Hauptmerkmal der Wissenschaft wird (außer im Marxismus) eine von Wertungen, Gefühlen und äußeren Bestimmungsmomenten freie, auf Sachbezogenheit gründende Objektivität angesehen, welche neben dem methodischen Konsens die Verallgemeinerungsfähigkeit und allgemeine Nachprüfbarkeit wissenschaftlicher Aussagen begründet.“ Nach dem Duden-Schülerlexikonii ist „W. die Gesamtheit der planmäßigen Bemühungen des Menschen, vernunftgemäße Erkenntnisse und wahre, nachprüfbare Aussagen über die Natur und den Menschen zu gewinnen. Die W. als ganzes ist in viele unterschiedliche Wissenschaften (auch Einzelwissenschaften genannt) unterteilt ,die nach dem Objekt ihrer Erkenntnis und nach ihrer Methode und Zielsetzung unterschieden und benannt werden; so spricht man von Naturwissenschaften, die ihre Erkenntnisse durch Experimente (Versuche) gewinnen und in mathematisch begründeten Formeln ausdrücken, und von Geisteswissenschaften (alle Wissenschaften, die nicht Naturwissenschaften sind, mit Ausnahme der Mathematik), die weniger auf allgemeine Gesetzmäßigkeiten als auf historische Einmaligkeiten gerichtet sind und das geistige Schaffen des Menschen in seiner Zeit und seiner Wechselwirkung zur Gesellschaft untersuchen.“

Die grundlegenden Parameter von Wissenschaftlichkeit können dadurch, allgemein gehalten, wie folgt zusammengefasst werden: „Wissenschaft ist ein Verfahren, mit dem aufbauend auf bestimmte Grundlagen (Literatur und andere Informationen) mittels systematischer Forschung (Experimente, Tests, Thesenprüfung, u.a.) Erkenntnis auf höherem Niveau erzielt wird. Wissenschaftliche Forschung folgt genau definierten und methodischen Verfahren und dokumentiert den eigenen Arbeitsprozess zur Gewährleistung der gegenseitigen Überprüfbarkeit. Die Überprüfbarkeit der Wissenschaftlichkeit eines Forschungsprozesses erfolgt im Rahmen der internationalen Diskussion auf Workshops, Tagungen und Kongressen und durch die systematische Kritik durch die Fachkollegenschaft in wissenschaftlichen Zeitschriften und anderen Medien (heute auch in Rundfunk, Fernsehen und Internet). Durch die Lehre (an der Universität, an Fachhochschulen, aber auch in außeruniversitären Kursen und in der Schule) und populärwissenschaftliche Publikationen werden die aktuellen Forschungsergebnisse weitergegeben.“ Als weitere Unterscheidung werden die Wissensgebiete in zwei Hauptgruppen, jener der Naturwissenschaften, die natürliche Phänomene (einschließlich der biologischen Lebens-Studie) und jener der Sozialwissenschaften (inkl. Geisteswissenschaften), die das menschliche Verhalten und Gesellschaften zum Inhalt haben, eingeteilt. Die Mathematik wird als formale Wissenschaft klassifiziert.

Die Konsequenzen für eine akademische Verbindung und deren Mitglieder sind gleichsam vielfältig und tief greifend. „Scientia“ als Prinzip, das uns als Hochschulverbindung am konsequentesten von anderen Vereinen abgrenzt, ist damit grundlegend der Auftrag an jeden einzelnen Bundesbruder, sich das für gesichert erachtete Wissen seiner Zeit durch ein Studium anzueignen. Darüber hinaus allerdings ebenso die eigene Weiterbildung lebenslang voran zu treiben, nach Wissen zu streben und dabei die wissenschaftlichen Gütekriterien der Objektivität, Validität, sowie der Reliabilität nicht außer Acht zu lassen. Als katholische Verbindung steht auch für die Norica und die Noricaner fest, sich nicht nur in Bezug auf das Prinzip „religio“ mit dem Glauben zu befassen, sondern ebenso „scientia“ dort im Glauben anzusetzen und sich zumindest eine katholische Laienintelligenz zu erarbeiten. Die wechselvolle Zeitgeschichte unseres Vaterlandes Österreich in den letzten 80 Jahre verlangt hingegen die Aufarbeitung der Geschichte, möglichst auch über die Norica und den Fuchsenstunden hinaus, wobei ein Wissen um die Anfänge der Universitäten und der „alma mater“ für einen jeden Studioso, ob Couleur oder nicht, selbstverständlich von Interesse ist. Die gemeinnützige Ausrichtung, welche in allen Satzungen der Norica bis dato in der einen oder anderen Art festgehalten wurde, auferlegt dem Noricaner in Folge sein erworbenes Wissen weiter zu geben, einem breiterem Publikum zugänglich zu machen.iii Nicht zuletzt findet er dies auch in seinen Bundesbrüdern, welche gleichsam getroffene Aussagen über Erkenntnisse in freundschaftlich-kritischer Diskussion einer Validation unterziehen. In gemeinsamer Erörterung von Themen und in dieser Diskussion offenbart sich der Konnex von „amicitia“ und „scientia“.

Die Themen gestalteten und gestalten sich dabei im bundesbrüderlichen Leben so diversifiziert, wie auch die Mitglieder der Norica von Gründung bis ins Heute sind, repräsentieren diese nicht einen Querschnitt über die vier Grazer Universitäten und Fachhochschulen, sowie deren Studienangebot.iv Allen gemein ist jedoch die Anforderung ein gewähltes Studium mit dem entsprechenden Ernst und Einsatz zu betreiben, um einen Abschluss in vernünftiger Zeit zu erreichen und damit eine wesentliche Voraussetzung für die eigene Lebensplanung zu haben.

Dazu sei zum Abschluss, stellvertretend für alle Grazer Universitäten, die Sponsionsformel der Technischen Universität Graz zitiert, welche bereits von einer beachtlichen Zahl von Noricanern vernommen werden durfte: „Sehr geehrte Damen und Herren! Sie haben durch Absolvierung der ordentlichen Studien, Ablegung der vorgeschriebenen Prüfungen und durch Abfassung einer Diplomarbeit Ihre wissenschaftliche Berufsvorbildung abgeschlossen. Daher wurde Ihnen der akademische Grad „Diplom-Ingenieurin/ Diplom- Ingenieur/ Magistra der Naturwissenschaften/ Magister der Naturwissenschaften“ verliehen. Ich ersuche Sie folgendes Gelöbnis abzulegen: Ich verspreche, der Wissenschaft zu dienen, ihre Ziele zu fördern und dadurch verantwortlich zur Lösung der Probleme der menschlichen Gesellschaft und deren gedeihlicher Weiterentwicklung beizutragen sowie der Technischen Universität Graz verbunden zu bleiben.“

Hierzu treten die Kandidaten, von einer Chargiertenabordnung begleitet, einzeln vor und berühren mit der rechten Hand zu den Worten „Ich gelobe“ oder lateinisch „spondeo“das Symbol ihrer jeweiligen alma mater, um dieser stets verbunden zu bleiben.